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Orientalismus

Kunstbewegung

Unter Orientalismus in der Kunst versteht man Darstellungen und (häufig imitative) Verwendungen nah- und fernöstlicher Motive durch europäische Kunstschaffende.


Darstellungen von „Mohren“ oder „Türken“ finden sich vereinzelt schon ab dem Mittelalter, nicht zuletzt im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Im 18. Jahrhundert verbreitete sich, von der Rolle des Porzellans als exklusivem Importgut ausgehend die Mode der Chinoiserien in den europäischen Schlössern, das ferne China wurde speziell in der Epoche der Aufklärung zum mythischen Ort der Weisheit. Im 18. und 19. Jahrhundert, nach dem Ende der expansiven Phase des osmanischen Reiches und im Zusammenhang mit den zunehmenden Herrschaftsbestrebungen europäischer Mächte über die islamische Welt verbreitete sich eine geradezu romantisierende Sicht des Orients. Napoleons militärische Kampagne in Ägypten (1798–99) beförderte das Interesse an der Epoche der Pharaonen und eine entsprechende Mode vornehmlich in den angewandten Künsten (Ägyptomanie), der griechische Unabhängigkeitskrieg (1821–1829), der Krimkrieg (1854–1855) und die Eröffnung des Suezkanals (1869) verstärkten das Interesse am Nahen Osten.


Zahlreiche europäische Maler des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts huldigten dem Mythos des Orients als Ort der Sinnlichkeit und Dekadenz. Vor allem die damals höchst beliebten Haremsszenen sind hier zu nennen. Eugène Delacroix, Théodore Frère, Jean-Léon Gérôme und später Alexandre Roubtzoff widmeten viele ihrer Werke dem islamischen Kulturkreis. Jean Auguste Dominique Ingres, Leiter der französischen Académie de peinture, malte 1863 sein berühmtes „Türkisches Bad“. Die Sinnlichkeit solcher Szenen wurde für die europäische Welt durch das orientalisierende Dekor akzeptabel gemacht.


Auch im deutschen Kulturkreis gab es zahlreiche „Orientmaler“, etwa Gustav Bauernfeind, Eugen Bracht, Georg Macco, Adolf von Meckel, Leopold Carl Müller, Johann Victor Krämer und Carl Wuttke, die ihr bürgerliches Publikum mit sinnlichen und pittoresken Szenen versorgten. Das Interesse am Orient und seiner Architektur wurde auch durch die Weltausstellungen, namentlich jene von 1855 und 1867, gefördert. Der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts aufkommende Japonismus beeinflusste die Maler des Impressionismus und Künstler wie Vincent van Gogh, der in seinen Anfangsjahren einige Farbholzschnitte von Hiroshige kopierte.


Motive orientalischer Architektur treten bereits als Versatzstücke in zahlreichen Schlossgärten des 18. Jahrhunderts auf. Beispiele sind etwa die „Moschee“ im Park von Schloss Schwetzingen, entsprechende Bauten in Eisgrub (Lednice) oder Kew. Aus dieser Zeit stammen auch zahlreiche „Pagoden“. Auch das um die Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete Dampfmaschinenhaus in Form einer Moschee zählt zu dieser Art von exotischer Staffage. Auch hier gilt: Der Wegfall unmittelbarer kriegerischer Bedrohung ermöglichte den freieren und zum Teil romantisierenden Umgang mit den Stilelementen benachbarter Kulturkreise. Im ausgehenden 19. Jahrhundert tritt dazu noch das Motiv der wachsenden handelmäßigen Verknüpfung und die Verwendung exotischer Architekturen als Element der Reklame, so bei der Yenidze-Zigarettenfabrik in Dresden, bei der orientalisierenden Architektur der Zacherlfabrik in Wien (der Rohstoff des Zacherl'schen Mottenpulvers stammte aus dem vorderen Orient), und bei der Villa Crespi eines Baumwollindustriellen mit intensiven Handelskontakten in den arabischen Raum.


Generell wurde im Historismus orientalisierendes Dekor als Teil der zur Verfügung stehenden Vorrats an symbolisch einsetzbaren Stilelemente gesehen und für spezialisierte Bauaufgaben angewendet, etwa für Synagogen, für die der „maurische Stil“ eine Zeit lang typisch wurde. Ähnliches galt für die Ritualarchitektur zahlreicher zwischen 1870 und 1930 errichteter Freimaurertempel in den USA, namentlich für Bauten der Shriners. Orientalisches Dekor wurde auch im Bereich der Vergnügungsindustrie eingesetzt und zur Belehrung, namentlich bei Weltausstellungen, in Vergnügungsparks und -lokalen (beispielsweise Vauxhall (London), Tivoli (Kopenhagen) und Bataclan (Paris)), bei Großkinos der Stummfilmzeit (etwa Grauman’s Chinese Theatre oder Grauman’s Egyptian Theatre) sowie im Rahmen von zoologischen Gärten.


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Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Orientalismus_(Kunst)

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